Parteien zur Bundestagswahl im Dampfernebel
Dass die Meinungen zur E-Zigarette weit auseinander gehen ist unumstritten. Obwohl die herkömmliche Zigarette nachweisbar circa 95% mehr Schadstoffe enthält als eine elektronische, gerät sie doch oft durch Kritiker und verschiedenste Institutionen in Verruf.
Passend zur Bundestagswahl 2017 stellten wir uns die Frage, wie eigentlich die Politiker in den verschiedenen Parteien dazu stehen. Halten sie die elektronische Zigarette sinnvoll, um nicht mehr zur konventionellen Zigarette greifen zu müssen oder eher als Grund, dass – primär jugendliche – Nichtraucher mit dem „Dampfen“ anfangen?
Carsten Müller, Direktkandidat der CDU Braunschweig, habe beobachten können, "dass vormals schwere Raucher über eine elektronische Zigarette bzw. über einen Verdampfer den Absprung vom Rauchen geschafft haben."
Die CDU wolle jedoch, vor allem bei jungen Menschen, den Einstieg ins Rauchen verhindern und Maßnahmen fördern, die einem den Ausstieg erleichtern. Mit der Tabakproduktrichtlinie (TPD 2), die am 20. Mai dieses Jahres in Kraft trat und unter anderem die Werbung für E-Zigaretten im öffentlichen Raum weitestgehend verbietet, komme Deutschland lediglich seinen europäischen Verpflichtungen nach. Folglich würde dies Jugendliche und Kinder präventiv vor zu frühem Kontakt mit konventionellen als auch elektronischen Zigaretten schützen.
Außerdem stützt sich Carsten Müller auf Studien des Bundesinstitutes für Risikobewertung, welche zeigen, dass "selbst beim Verdampfen nikotinfreier Flüssigkeiten krebserregende Partikel freigesetzt werden, die chronische Schädigungen der Atemwege hervorrufen können“.
Die Braunschweigerin Dr. Carola Reimann aus der SPD sorge sich primär um die Langzeitfolgen, die noch nicht abzusehen sind. Aus diesem Grunde, seien sie und ihre Kollegen/-innen, im Ausschuss für Gesundheit, an einer umfassenden Klärung interessiert.
Bezüglich des Verbraucherschutz sei ihr politisches Ziel „ein umfassender Jugend- und Nichtraucherschutz“, E-Zigaretten „sind keine harmlosen Naschereien – die Aromastoffe verschleiern die potentiellen Gefahren“. Elektronische Zigaretten und dessen Zubehör abzuschaffen läge dennoch nicht im Interesse der Sozialdemokraten, da sie einen wichtigen Teil zur Raucherentwöhnung beitrüge. Sie müssten lediglich stärker reguliert werden, bis abschließend geklärt ist, welche Risiken sie birgt und die Verbraucher über weitreichende Details informiert sind.
Von den Linken äußerte sich Malte Heidorn, ein „persönlicher Mitarbeiter des Vorsitzenden“, der sich auf angeblichen Einstufungen und Aussagen von Instituten beruft. In diesem Fall sind sie jedoch schlichtweg fehlerhaft: „Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat im Jahr 2009 ein Fabrikat der nikotinhaltigen E-Zigaretten als Arzneimittel eingestuft. Inzwischen ist der Verkauf von E-Zigaretten in einigen Bundesländern untersagt worden.“
Dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die E-Zigarette „SuperSmoker“ aus Belgien als Medizinprodukt und die, mit Liquids gefüllten, Filterkartuschen als Arzneimittel einstufte – und somit als zulassungspflichtig – ist zwar wahr, dass es sich dabei aber um eine vorläufige und nicht rechtsverbindliche Einschätzung handelte, ließ er außen vor. Der anschließende Antrag der Besitzerin, festzustellen, dass die E-Zigaretten und Liquids weder als Medizinprodukt noch als Arzneimittel einzustufen sind, blieb unbearbeitet. Daraufhin konnte erst das Gericht eine verbindliche Entscheidung treffen, welche lautet: Weder elektronische Zigaretten, noch Liquids sind als Medizinprodukt oder Arzneimittel einzustufen, da sie keinen therapeutischen Zwecken dienen.
Hinzu kommt Herr Heidorns Aussage über die Einführungen des Verbots vom Verkauf von E-Zigaretten in einigen Bundesländern, welches von der Bundesregierung beschlossen worden sei. Zum einen ist nicht die Bundesregierung für diesbezügliche Verbote in den einzelnen Bundesländern zuständig, sondern das Bundesland selbst. Zum anderen handelt es sich bei diesem Verbot um einen Mythos.
Trotz all der falschen Tatsachen und Behauptungen, stelle die E-Zigarette für die Linken ein Genussmittel dar, welches eine Versteuerung, ähnlich der Tabaksteuer, nötig hätte.
Gregor Gysi, Vorsitzender der Europäischen Linken, ist überzeugt, dass in Liquids weniger Giftstoffe enthalten sind, als in herkömmlichem Tabak. Da viele Menschen die E-Zigarette verwenden, um ihren Nikotinverbrauch zu reduzieren, sei dies „schon sehr nützlich für die Betroffenen“.
Eike Hoffmann, Kandidat zur Landtagswahl im Wahlkreis Braunschweig-West, wurde gebeten, für die FDP zu sprechen. Er sei Raucher und stünde wohl selber schon in umfassenden Kontakt mit der E-Zigarette.
Tatsächlich ist er der erste, der sich etwas besser mit dem Thema auszukennen scheint. Für die freien Demokraten hätte es Priorität, dass jeder Mensch frei darüber entscheiden kann, welchem Hobby er nachgeht – und ob er raucht, oder eben nicht.
Der Umstieg auf die E-Zigarette habe ihm persönlich nicht dazu verholfen, tabakabstinent zu leben. Dennoch hält er sie, anlässlich der Raucherentwöhnung, für sehr sinnvoll, da er einige Bekannte im Freundeskreis habe, die diesen positiven Effekt bereits erlebt hätten. Obwohl man ein Übel gegen das Andere tauschen würde, sei es doch deutlich weniger gesundheitsgefährdend als die „Pyros“.
Er selbst denkt nicht, dass Jugendliche dazu animiert würden, mit dem Rauchen oder „Dampfen“ anzufangen, dennoch erkennt er, dass es „aus vielen Gründen schwer werden könnte diese Position durchzusetzen“.
Die Grünen haben leider nicht auf unsere Anfrage reagiert. Dr. Harald Terpe, Sprecher für Sucht- und Drogenpolitik der Grünen, hat sich Ende 2015 in einer Bundestagsrede dazu geäußert. In seiner Rede geht es jedoch in erster Linie um das Kinder- und Jugendschutzgesetz, welches zu diesem Zeitpunkt noch nicht das Verbot zum Verkauf von E-Zigaretten und Liquids an Minderjährige beinhaltet, da sich dieser zu jenem Zeitpunkt noch in einer Grauzone befand. Zwei wesentliche Argumente sprach Herr Terpe während der Rede an. Zum einen sei bis dato noch nicht klar, inwiefern die – durch die Verdampfung von Liquids entstehenden – Inhalationsprodukte bleibende Schäden hinterlassen könnten. Folglich läge es im Interesse der Grünen, dass sie „mehr Forschung dazu brauchen und die Forschung weitergeführt werden muss, damit man sich langfristig auf nachweisbare Daten stützen kann.“
Zum anderen würde die Gestaltung der elektronischen Zigarette als auch die Handhabung das Potenzial bergen, „ein Rauchverhalten zu verfestigen, das später zum Tabakrauchen anstiften kann.“ Demnach bezieht sich das Bündnis 90 jedoch auf die Werbung der elektronischen Zigarette, die ohnehin im Mai 2016 im Rahmen der Tabakproduktrichtlinie untersagt wurde.
In ihrem aktuellen Programm wird die E-Zigarette nur kurz genannt: Ein Verbot würden sie ablehnen.
Mögen die Dampfer gewinnen …