Synthetisches Nikotin: Kann die E-Zigarette damit gerettet werden?
Bild: flickr.com // Karoly Lorentey // CC BY 2.0
Immer häufiger liest man über die neue synthetische Alternative zum natürlichen Nikotin. Doch was genau ist dieser künstliche Stoff, wer verkauft so etwas und wo liegen die Vor-und Nachteile? Ob das synthetische Nikotin der E-Zigarette nun eine bessere Zukunft bringt, oder nicht, gibt es hier zu lesen.
Synthetisches Nikotin im Überblick
Nikotin ist im Prinzip eine chemische Verbindung mit der Formel C10 H14 N2. Das Interessante daran ist, dass es keinen Unterschied macht, wenn man eines der Nikotin-Moleküle aus einer Tabakpflanze und ein anderes aus einer anderen Quellen nimmt. Im Grunde ergibt sich immer wieder dieselbe Struktur: natürliches und synthetisches Nikotin sind chemisch ununterscheidbar.
Mit „natürlichem Nikotin“ ist hier der Stoff gemeint, der direkt aus einer Tabakpflanze gewonnen wird. Nikotin kommt übrigens auch etwa in Tomaten, Kartoffeln und Auberginen vor – allerdings in sehr geringer Menge. Synthetisches Nikotin ist dagegen der Begriff für eine Produktion aus anderen Quellen. Beispielsweise durch Niacin (Nikotinsäure), Ethanol, Schwefelsäure oder andere Chemikalien. Der Punkt ist: die Chemikalie ist dieselbe, nur wird sie anders produziert.
Wer verkauft überhaupt synthetisches Nikotin? Was kostet das?
Es gibt allerdings einige Herausforderungen, wenn man synthetisches Nikotin herstellen will. Denn es gibt zwei Formen von Nikotin, die sich gegenseitig nicht überlagern können – das (S)- und das (R)-Nikotin. Der einzige Typ, der aber für Dampfer interessant ist, wäre das (S)-Nikotin von Tabak. Nur das liefert beim Dampfen den gewünschten Effekt. Und das ist gar nicht so einfach zu bekommen.
Trotz der kniffligen Produktion, gibt es schon einige Hersteller von synthetischem Nikotin. Am bekanntesten ist sicher Next Generation Labs, die mit tabakfreiem Nikotin werben, mit einem extra Fokus auf die Dampfindustrie. Ein Patent zeigt das Resultat von 99,5% purem Nikotin ohne Tabakherkunft. Zahlreiche E-Liquid Marken nutzen dieses Produkt bereits, von NKTR über Cypher, Origins, Defiant und auch Klir. Auch Pfizer, das größte Pharmaunternehmen der Welt, mischt mit.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis noch mehr Unternehmen auf den tabakfreien-Zug aufspringen. Allerdings spielt der Kostenfaktor natürlich ebenfalls eine Rolle. Denn anders als bei der Produktion mit Tabakpflanzen, ist der Zugang auf diesem Weg etwas umständlicher. Insgesamt ist synthetisches Nikotin einfach arbeitsintensiver, zeitaufwändiger und ungefähr 13 Mal teurer. Also warum macht sich dann überhaupt jemand die Mühe, es zu produzieren?
Die Vorteile von Synthetischem Nikotin
Was synthetisches Nikotin so attraktiv macht, ist zum einen eine gewisse Reinheit. Gewinnt man Nikotin aus Tabak, nimmt man immer etwas an Verunreinigungen mit. Die können zwar sehr stark reduziert, aber nie ganz ausgeschlossen werden. In großem Ausmaß könnten diese Unreinheiten gefährlich sein, und außerdem einen schlechten Einfluss auf den Geschmack des fertigen E-Liquid haben. Dieses Problem gibt es bei der Herstellung von synthetischem Nikotin nicht.
Hier wird das Produkt nicht durch solche natürlichen Verunreinigungen beeinflusst. Folglich wird der Geschmack klarer, und das Nikotin ist sicher geruchs-und geschmacksfrei. Deshalb braucht man auch nicht mehr riesen Mengen an Geschmäckern zum Übertünchen des pflanzenähnlichen Aromas - ein genießbares E-Liquid bekommt man auch so. Außerdem reduziert sich auf diese Weise jedes potenzielle Gesundheitsrisiko der winzig kleinen Nitrosamine, die Tabak eigen sein können.
Synthetisches Nikotin als Retter der E-Zigarette?
Trotz dieser Pluspunkte, ist synthetisches Nikotin sicher kein strahlender Held, was die Regulationen in der Dampfindustrie angeht. Ein großes Problem in diesem Zusammenhang ist die FDA (Food and Drug Administration), die Behörde für Lebensmittelüberwachung und Arzneimittelzulassung in den USA. Sie macht es den Herstellern leider schwierig, Kategorisierungen für synthetisches Nikotin vorzunehmen. Denn es fällt grundsächlich nicht unter die FDA-Regulationen.
Eigentlich kann man synthetisches Nikotin rein von der Logik her ja nicht mehr als Tabakprodukt bezeichnen, ebenso wenig wie beispielsweise nikotinfreies E-Liquid. Der Ursprung liegt hier nämlich in beiden Fällen nicht mehr von der Tabakpflanze. Dennoch enthält auch die synthetische Variante Nikotin, und zwar von der chemischen Struktur her das exakt selbe, wie die natürliche Version. Diese Ununterscheidbarkeit macht das Ganze so knifflig.
Leider äußert sich die FDA selbst nur sehr vage zu diesem Sachverhalt und gibt keine klaren Antworten über eine Definition. Es ist allerdings zu erwarten, dass der Begriff „Tabakprodukt“ so weit wie möglich ausgedehnt werden wird, damit alle Formen von Nikotin abgedeckt sind.
Fazit
Da geht die Hoffnung von Verfechtern dieser Nikotin-Alternative also dahin. Auch wenn synthetisches Nikotin wirtschaftlich umsetzbar wäre und in leistbaren Mengen produziert werden könnte, ist das große Risiko immer noch die Kontrolle der FDA über den Tabakstatus. Die einzige Chance liegt in der Aufschiebung dieser Autorität – vermeiden lassen wird sie sich wohl eher nicht. Fest steht: synthetisches Nikotin ist mit seinem klaren, reinen Geschmack, und mit ein wenig mehr Investition, durchaus eine interessante Wahlmöglichkeit für Dampfer.